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Berlin und sein öffentlicher Raum



Öffentlicher Raum. Diesen Begriff muss man in Berlin wörtlich nehmen: wo andere Städte über Straßen, Plätze und Parks verfügen, hat Berlin nur eines - eben öffentlichen Raum. Unter "öffentlich" versteht man in Berlin nämlich die ständige Präsenz der Öffentlichkeit. Das bedeutet, dass man zu keinem Zeitpunkt wirklich allein ist. Selbst in winzigen Seitenstraßen können Sie sicher sein, dass Ihnen um zwei Uhr nachts noch jemand begegnet - am Tage läuft sowieso ständig jemand dicht hinter Ihnen her. An belebteren Punkten der Stadt verstärkt sich dieser Effekt dementsprechend. Man kann froh sein, wenn man mal mehr als einen halben Quadratmeter um sich herum Luft hat.

Fußgängertunnel
Ab in den Untergrund. Kleingeld für den Dealer nicht vergessen!
Aber selbst wenn Sie es geschafft, haben, sich aus der Masse zu befreien, naht schon das nächste Übel: Versuchen Sie einfach mal, eine halbe Stunde in Berlin einfach nur geradeaus zu gehen. Da wäre doch nichts weiter dabei, denken Sie? Na, dann viel Glück... gleich an der nächsten Ecke steht schon der Stand einer der örtlichen Tageszeitungen, an dem man Ihnen unbedingt ein Probeabo aufschwatzen will. Selbst bei Beteuerung, dass man schon ein Abo habe, und ein Berliner Blatt nun wahrlich mehr als genug sei, hält den netten "Promoter" nicht davon ab, Ihnen weiterhin mit einem Ansichtsexemplar vor der Nase herumzuwedeln, solange, bis Sie es doch endlich geschafft haben, ihm mit trickreichem Hakenschlagen auszuweichen.

"Gefahr erkannt - Gefahr gebannt", denken Sie sich, und nehmen sich vor, bei der nächsten, ähnlichen Offerte diesmal vorher einen großen Bogen zu schlagen. Doch das nützt Ihnen in diesem Fall nichts, denn bei nächster Gelegenheit treffen Sie auf eine Armada von "Freiwilligen", wahlweise von irgendeiner Kinderhilfsorganisation ("Sie mögen doch auch Kinder, oder?!!"), einem Tierschutz- bzw. Umweltclub ("Haben Sie eine Minute Zeit für die Investition in unser aller Zukunft?") oder einer Aktion zur Rettung von bedrohten Landminen (oder so ähnlich). Davon abgesehen, dass Kinder schon die perfekte Lobby haben (= ihre Eltern), diese in Berlin sowieso nichts zu suchen haben und man Umwelt und Tiere am besten schützt, indem man Vegetarier wird und in Berlin keine Haustiere hält, sollte auch dem größten Idealisten klar sein, dass man nicht jeden Tag einer anderen Organisation eine Einzugsermächtigung erteilen kann.



Tunnelblick
Tunnelblick auf das alte steglitzer Rathaus. In der Schloßstraße warten schon die Häscher.


Aber was soll's - man hat sich zwar vorgenommen, nicht unhöflich zu sein, und deshalb nicht wie diese anderen, offenbar erfahreneren Großstädter, einfach auf taubstumm zu schalten, aber nach 300 Metern und der mittlerweile vierten Kolonne von Freiwilligen haben Sie diesen Vorsatz vergessen. Deshalb flüchten Sie in den Untergrund, d.h. irgendeinen übelriechenden U-Bahnschacht oder Einkaufspassage, und müssen sich hier nur die aktuelle Ausgabe eines Straßenmagazins feilbieten lassen. Aber die nächste Gefahr droht schon bei Benutzung der nächsten Rolltreppe zurück nach oben: am Ende steht schon ein Zweierteam, das Ihnen Prospekte für Rabattsonderaktionen im Einzelhandel oder
Gewohntes Stadtbild
Gewohntes Berliner Stadtbild: Selbstgemachte Tristesse und Mietskasernen in der Standardfarbe "berlin-beige".
Gutscheine für Frauengymnastik ("Sie dürfen da als männliches Wesen gar nicht rein? - uns doch egal") in die Hände stopft. Regen Sie sich aber nicht auf - sparen Sie sich das doch lieber für den nächsten Stand, wo Sie mit der Frage, ob Sie nicht lieber zu einer billigeren Telefongesellschaft wechseln möchten, aufgehalten werden.

Und wenn das bisher noch nicht gereicht hat, um Ihnen den Tag zu versauen, dann treffen Sie vor Ihrer Haustür bestimmt noch auf einen polnischen Mitbürger, der Ihnen und Ihren Mitbewohnern den Eingang mit Kaufgesuchen für ausrangierte Unterhaltungselektronik zuklebt. Beenden wir also den Stadtspaziergang und nehmen - allein - ein heißes Bad/Dusche zur Entspannung und Ablegen des aufgebauten Stresses, um dann später bei Verlassen des Badezimmers, bekleidet nur mit einem Handtuch (oder weniger), feststellen zu müssen, dass vor ihrem Panoramafenster gerade zufällig ein Doppeldeckerbus hält, in dem Touristen gerade zufällig ihre Kameras zücken...














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