Problematik
Dass
die Deutschen dem Einfluss der Anglizismen recht offen
gegenüberstehen, ist allseits bekannt. Daher verwundert es
eigentlich kaum, dass man auch gleich den übermäßigen
Gebrauch des Auslassungszeichens, des Apostrophs, gleich mit
übernommen hat. Das Problem zeigt sich vor allem bei S-Endungen.
Bei Nutzung des Genitivs und bei Gebrauch des Plurals (Mehrzahl) kann es
passieren, dass sich ein "S" ans Wortende hängt. Im Deutschen
packt man es im Normalfall bei beiden Fällen einfach ohne Umschweife dazu - im
Englischen aber trennt man es beim Genitiv ab - eben mit einem Apostroph.
Liest man einmal unvoreingenommen deutsche Texte, dann kann es schon
passieren, dass man ins Grübeln kommt, ob die Sache mit dem Strich
nicht vielleicht doch einen Grund haben könnte, so hartnäckig
verbreitet sich das Apostroph-S-Setzen im Schriftdeutsch. In den meisten
Fällen jedoch wird sich kein Grund dafür finden lassen
(natürlich bis auf einige obligatorische Ausnahmen).
Dennoch entsteht dadurch im deutschsprachigen Raum zunehmend ein Schriftbild, das oft grammatikalisch
falsch, orthographisch inkorrekt, schwerer zu lesen und
ästhetischen Ansprüchen ungenügend ist. Mit einem Wort:
Dummdeutsch.
Hintergründe
Dass
es gerade bei dem Englischen entlehnten Wörtern auch hierzulande
schick geworden ist, ein Genitiv-Apostroph-S (G-A-S) zu verwenden, mag
teilweise gestalterische Gründe haben. So sieht man z.B. kaum noch
ein Restaurant, das ohne diese verschnörkelte Schreibweise bei der
Namenswahl auskommt. Etliche Edellokale haben es vorgemacht, und
"McDonald's" hat es populär werden lassen.
Doch das G-A-S beschränkt sich nicht auf die G-A-Stronomie.
Überall scheint es seinen Siegeszug fortzusetzen, teils aus
Unwissenheit der Benutzer (das sind die, die irgendwo schon mal ein
apostrophiertes S gesehen haben und nun vermuten, dies wäre die
einzig richtige Schreibweise), teils aus falsch verstandenem
kosmopolitischen Bewusstsein (das sind die, die auch im Deutschen
plötzlich die englische Grammatik anwenden, indem sie "Handies"
und "Parties" schreiben). Die Verlockung ist aber auch zu
groß: überall begegnet einem das G-A-S. Also wird es schon
seine Richtigkeit haben, denken offenbar viele. Und gehen im
schlimmsten Fall dazu über, auf S endende Wörter nun
grundsätzlich zu apostrophieren.
Das aber ist nun absoluter Nonsens, denn - wir erinnern uns - die
Engländer apostrophieren nur das Genitiv-S; das Plural-S etwa
klatschen auch sie einfach ohne Punkt und Komma ans Wortende. Nun mag
man einwenden, dass vielleicht mancher ein Problem bei der
Unterscheidung von Genitiv- und Plural-S hat - aber zumindest im
Deutschen müsste er sich darum keinen Kopf machen, denn - wir
erinnern uns - im Deutschen apostrophiert man im Regelfall ein
angehängtes S überhaupt nicht. Ein vereinfachter Merksatz
könnte daher so lauten:
1.) im Englischen wird das Genitiv-S durch einen Apostroph abgetrennt, im Deutschen NICHT.
2.) im Deutschen wird das Plural-S NICHT durch einen Apostroph abgetrennt - und im Englischen AUCH NICHT. |
Letztere Erkenntnis macht solche Entdeckungen wie die hier abgebildeten
Beispielfotos daher umso lächerlicher.
voller Anglizismen - aber trotzdem keine Ahnung von Englisch: "McDonald's" in Deutschland
Abhilfe
scheint kaum mehr möglich. Bei fortdauerndem falschen bzw.
unnötigen Einsatz des
G-A-S wird sich diese Regelung vielleicht bald schon in deutschen
Wörterbüchern durchsetzen (der Gebrauch des Genitiv-S wird
seit der Rechtschreibreform 1998 nun auch im Deutschen schon offiziell
geduldet - die Betonung liegt allerdings auf geduldet!). Aber bis es
soweit ist, hat Volker
Gringmuth für alle Anglophilen und
Spezialregelungsinanspruchnehmer eine vertiefende Seite zum Thema im Angebot. Zitat von dort:
"Der
Apostroph hat das nicht verdient. Er will Wörter kürzer
machen, nicht länger und auch das nicht mit Gewalt, sondern
behutsam und leicht lesbar." [einklich.net]
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Besser kann man die Absurdität des Geschehens nicht auf den Punkt
bringen. Und derjenige, der nicht glauben mag, wie viel orthographische
Inkompetenz es in diesem Lande tatsächlich gibt oder wer sich
einfach mal so richtig schön gruseln möchte, der sei an die Apostroph-S-Hass-Seite verwiesen.
Artikel vom 23.11.2003
letzte Änderung am 29.10.2008

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