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Zustelldienst für alle – oder doch nicht
Wie die Paketdienstbranche ihren Kunden die Arbeit überlässt




Ein Gastbeitrag von Jennifer Rößler

Wer sich von meinem Lieblingspaketdienst Briefe oder Pakete zustellen lassen will, sollte, wenn er in der falschen Gegend wohnt, am besten den Job gleich selbst übernehmen. Denn die Mitarbeiter des Paketdiensts sind hoffnungslos überlastet, dürfen scheinbar keinen Schritt zu viel tun – und Pakete in höhere Stockwerke tragen, ist schon mal ganz verboten. Anders jedenfalls lässt sich ihr Verhalten kaum rational erklären. Es ist ja auch einfach, den Abholschein schon mal im Voraus auszufüllen, man hofft schließlich, dass der Empfänger sowieso nicht zu Hause ist, und dann ganz schnell zu klingeln, ehe der Empfänger es noch schafft, quer durch die Wohnung zu rasen, nur um ein Einschreiben oder ein Paket entgegenzunehmen – und dann doch nur einen netten Gruß in Orange im Briefkasten zu finden.

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass der Mitarbeiter bereits so müde und abgekämpft ist, dass er einfach nur beim erstbesten Hausbewohner klingelt und die Post dann im hohen Bogen in den Flur knallt. Für den daraus entstandenen Schaden kann er selbstverständlich nichts, schließlich kann er ja nichts dafür, dass so viel verschickt wird, sollen die Leute doch selber sehen, wie sie ihren Besitz oder ihre Waren von A nach B transportiert bekommen. Wie – der Empfänger ist auch noch behindert, es wäre für ihn ein großer Aufwand, zur nächsten Postfiliale zu fahren? Wieso? Bewegung ist doch gesund? Ach, das kostet zusätzlich Geld? Egal, das ist nicht das Problem eines Zustellers.

blaue Benachrichtigungskarte

Große Probleme ergeben sich aber für den Zusteller, wenn er für jemanden so viel Post hat, dass sie beim besten Willen nicht in den Briefkasten passen will. Macht aber nichts. Alles wird einfach irgendwie hineingedrückt. Ob das Zeug hinterher noch lesbar ist, interessiert schließlich außer dem Empfänger niemanden.

Geht man aber zur Filiale und erklärt den freundlichen Schalterbeamten dort, dass man leider nicht in der Lage ist, den Job ihrer Mitarbeiter selber zu erledigen und auch keine Zeit hat, der eigenen Post hinterherzutelefonieren, schließlich weiß man ja nie, wo sie sich am Ende so rumtreibt, erntet man nur ein müdes Lächeln und die Versicherung, dass man sich bessern werde.

Doch leider ist jede Hoffnung hier fehl am Platz. Nein, die Zusteller können sich nicht bessern, sie tun doch schon alles, was sie können, nämlich manchmal klingeln, das muss genügen. Für alles andere ist der Kunde selbst zuständig. Und bitte, man sollte ja nicht auf die Idee kommen, noch Sonderwünsche zu haben, wie Lieferungen in den 6. Stock eines Hochhauses, denn dann könnte es passieren, dass man von seiner Post nie wieder etwas hört.

Vielleicht sollten die Postfilialen auf dem Land den Mitarbeitern in den Städten mal einen Fortbildungskurs spendieren und ihnen zeigen, wie’s geht. Die wissen das nämlich, da werden Pakete nicht nur freundlich zugestellt, sondern sogar im ersten Stock abgeholt, wenn man dies wünscht. Aber das bleibt wohl nur Wunschdenken, denn die Paketdienste sind schließlich kundenorientierte Dienstleistungsunternehmen – sie dienen sich selbst am besten.

Doch halt: wer jetzt siegessicher zur Konkurrenz wandert, sei gewarnt, auch dort bemühen sich die Zusteller selbstverständlich, den Kunden jederzeit zufriedenzustellen. Wenn das nur nicht so schwer wäre, da man ja den eigenen Dienst groß schreibt.



Artikel vom 4.1.2013
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